Blogserie: Karriere auf den Kopf gestellt (Teil 1)
Wir alle kennen den klassischen Lebenslauf, den Curriculum Vitae (CV). Früher haben wir diesen noch sorgfältig in Bewerbungsmappen geordnet und per Post verschickt. Heute können wir oft einfach einen Link zum LinkedIn Profil schicken – jederzeit bereit, einen möglichen «fit» mit offenen Stellenausschreibungen überprüfen zu lassen. Aus Bewerbersicht können wir sogar einstellen: «offen» für neue Möglichkeiten zu sein oder ganz gezielt nach neuen Stellen suchen; aus Arbeitgebersicht können wir «offene» Stellen anzeigen oder Talent Pools aufbauen.
Die «offenen» Stellen zeigen uns als Bewerber, was wir zukünftig machen könnten - als Teaser dieser Möglichkeiten. Gleichzeitig zeigen sie uns auch, welcher Personalbedarf gerade gedeckt werden muss – als Einblick in die aktuellen Probleme / Fragestellung der Firma, die diese Stelle ausgeschrieben hat.
Der CV als Instrument des Suchens & Findens mit Blick in die Vergangenheit
Der Curriculum Vitae (CV) zeigt unseren bisherigen beruflichen Weg auf. Wir sehen unsere
bisherigen Stationen / Arbeitgeber
bisherigen Industrien / Felder
bisherigen Funktionen / Rollen / Positionen
bisherigen Fähigkeiten / Weiterbildungen
klar in zeitlicher Abfolge, linear, logisch geordnet.
Der CV hilft dabei, ein bestimmtes Bild zu vermitteln, um uns als «Bewerber» für den nächsten beruflichen «Schritt» möglichst kompetent aussehen zu lassen.
Wir wollen auf der einen Seite mit unserem Profil nicht zu fähig aussehen, aber gleichzeitig kompetent, um den Anforderungen des Stellenprofils zu entsprechen.
Im Idealfall können wir gleich ohne viel Onboarding oder Training sofort loslegen und anfangen anstehende Probleme zu lösen. Wir wollen durch den CV gefallen. Wir nehmen uns dafür Zeit, geeignete Zertifikate aufzuzählen, Kurse zu zeigen, Titel und Funktionen aufzulisten, bekannte Arbeitgebernamen zu nennen. Wir versuchen, dass was wir bisher gemacht haben, irgendwie auf die neue Stellenbeschreibung und das Anforderungsprofil anzupassen, um einen «fit» herzustellen.
Der CV ist heute das Instrument für erste Begegnungen mit potenziellen Arbeitgebern. Er ist die Voraussetzung, um von Arbeitgebern für neue Möglichkeiten in Betracht gezogen zu werden. Aus HR-Sicht dient der CV als erstes Screening Tool, um einen Einblick in ein Kandidatenprofil zu erhalten.
Der CV bietet einen Rückblick, welcher als Einschätzung des «Fits» zwischen Kandidaten und ausgeschriebener Stelle dient. Konkret: Was hat Person X bereits gemacht, was ihn/sie für die Stelle qualifiziert?
Die Annahme dahinter ist, dass es den «einen» FIT zwischen den Fähigkeiten, Eigenschaften, Motivation einer Person & der Stelle mit den aufgelisteten Anforderungen und Arbeitsweisen gibt – zu einem bestimmten Zeitpunkt des Screenings oder des Gesprächs.
Beide Seiten, sowohl der Bewerber als auch der Arbeitgeber, «suchen» mit dem Instrument CV auf dem Arbeitsmarkt - und wollen möglichst schnell «finden», denn Probleme und unbesetzte Stellen in Unternehmen müssen gelöst werden und Arbeitssuchende müssen ihr Leben finanzieren können. Es gibt persönliche Commitments, Zeitdruck, Erwartungen … all das bestimmt das heutige Suchen & Finden auf dem Arbeitsmarkt.
Wie entwickelt sich der CV als Instrument auf dem Arbeitsmarkt ?
Die heutige Realität zeigt, dass sowohl Bewerber als auch Arbeitgeber vor völlig neuen Herausforderungen stehen, die den CV als Instrument auf dem zukünftigen Arbeitsalltag In Frage stellen, wie z.B.:
- Stellenbeschreibungen mit Anforderungen ändern sich so schnell, dass diese teilweise zum Zeitpunkt der Anstellung oder Ausschreibung schon veraltet sind
- Neue Berufsfelder, neue Fragestellungen, Tools und Probleme entwickeln sich so schnell weiter, dass das in Weiterbildungen, Ausbildungen und in Bildungseinrichtungen Gelernte gar nicht mehr auf Situationen anwendbar ist
- Die Menschen entwickeln sich mit ihren Fähigkeiten, Interessen, Persönlichkeiten, dass sie nicht mehr in starre, vorgegebene Stellenprofile / Rollen reinpassen
Um mit diesen Entwicklungen umzugehen, wird es wichtiger sein, den Blick auf den CV in Richtung Zukunft zu richten. Wir alle kennen den klassischen Weg von Schule / Ausbildung / Studium (Bildung) zur Arbeit und dann zur Rente. Schön früh wird uns dieser lineare Weg von A nach B als «Blueprint» des Lebens mitgegeben. Die Annahme ist, dass es für alle Lebensphasen oder Berufsbilder den «einen fixen und vorbestimmten» Weg gibt. Klar definiert und vorhersehbar. Abweichungen von der Norm …? Auch Abweichungen oder gar Lücken sollten heute möglichst logisch im Lebenslauf / CV abzuleiten und zu erklären sein.
Wenn Arbeitgeber Arbeitnehmende einstellen, um Projekte im Unternehmen anzugehen, sollte dann nicht ein CV aufzeigen, mit welcher Art von Projekten sich Arbeitnehmende bisher beschäftigt haben?
Es ändern sich einerseits die Kernfragen eines CVs.
Bisherige Kernfragen CV | Neue Kernfragen CV |
Welche Positionen / Stationen bin ich durchlaufen? | Welche Fragestellungen sind mir begegnet? |
Welche Abschlüsse / Zertifikate kann ich vorweisen? | Was habe ich in Situationen gelernt? |
Welche Referenzen / Awards habe ich? | Wie bin ich Projekte angegangen? |
Andererseits stellen sich zusätzlich neue Fragen bezogen auf den Blick in die Vergangenheit eines CVs. Was, wenn der bekannte CV zukünftig durch einen Lauf der Möglichkeiten erweitert wird? Das Curriculum Possibilitate
Kernfragen CP
Mit welchen Themen werde ich mich zukünftig beschäftigen?
Welche Fragen stelle ich zukünftig?
Wie werde ich unterschiedliche Projektsituationen angehen?
Wir wollen mit unserem bisherigen „Lauf des Lebens“ neue Kontakte knüpfen und gesehen werden; Wir folgen anderen und andere folgen uns im Prozess des Suchens und Findens.
Für den CP spielen bisherige Stationen aus der Vergangenheit keine Rolle. Wir brauchen dafür keinen „Lauf des Lebens“ sichtbar machen. Beim Erstellen eines CPs stellen wir uns nicht die Frage „was haben wir bisher gemacht“ sondern „was werden wir zukünftig machen?“ – der Blick richtet sich in die Zukunft. Der CP macht ein Motivationsschreiben konkret und zeigt Beispiele aus dem eigenen Vorstellungsraum.
Das Curriculum Possibilitate als Spiegel für den „Lauf der Möglichkeiten“
Denn ist es nicht viel interessanter zu erfahren, was ich noch alles kommen mag? Dahinter verbirgt sich eine starke Motivation, was wir zukünftig in der Arbeitswelt wollen, können und dürfen. Im Fokus steht das Neue. Das, was wir heute noch nicht kennen.
Der CV besteht aus einer Auflistung von Jobtiteln, Arbeitgebern, Positionen und Länge der Arbeit, ggf. ausgewählten Tätigkeiten.
Im CP definieren wir flexibel, wie wir unser Engagement zukünftig einsetzen:
Als Visionary stellt sich die Frage… was möchte ich zukünftig erdenken? (z. B. neue Konzepte erstellen, Frameworks denken)
Als Creator stellt sich die Frage… was möchte ich zukünftig entwickeln? (z. B. Software entwickeln, neue Produktlösungen entwickeln)
Als Companion stellt sich die Frage…was möchte ich zukünftig begleiten? (z. B. Teams leiten, Blogs betreuen)
Wir können zukünftig zum Visionary, Creator und/oder Companion in verschiedenen Themenbereichen werden. So erstellt ein Creator im Bereich Human Resources zum Beispiel neue Weiterbildungsangebote für Mitarbeitende. Als Companion in der IT betreut jemand beispielsweise Teams in der Softwareentwicklung. Ein Visionary im Bereich Unternehmensstrategie denkt sich neue Konzepte für die Unternehmensentwicklung aus.
Das bietet Flexibilität, um unsere Kompetenzen (themen)übergreifend auszubauen. Der CP erlaubt uns, neue und interdisziplinäre Kompetenzprofile zu konfigurieren. Dabei geht es nicht um Position oder Arbeitgeber, sondern darum, in welchen Themenbereichen wir etwas denken, entwickeln und/oder begleiten. All diese Elemente hängen miteinander zusammen und machen den CP zu einem neuen, vielfältigen Instrument:
Ein Instrument, mit dem wir Neues erschaffen und Dinge verbinden
Der CP ist demnach in erster Linie für jeden Einzelnen von uns wichtig. Nicht um diesen zu zeigen, sondern um selbst damit zu arbeiten, neue Impulse aufzunehmen und Zukunft immer wieder «neu» zu entdecken. Wir können diesen zum Beispiel in Bewerbungsgesprächen, bei Mitarbeitergesprächen oder auch bei Potenzialeinschätzungen nutzen. Gleichzeitig können auch Arbeitgeber diese neue Form der Orientierung im HR Zyklus nutzen und damit traditionelle Instrumente ergänzen.
Auch zukünftig wird der CV eine Rolle spielen – in Zeiten von VUCA können jedoch neue Anforderungen entstehen. Instrumente wie der CP könnten den CV sinnvoll ergänzen, um uns für Zukünfte zu öffnen.
Und wie sieht dein CP aus?
Erfahre mehr bei and-meanwhile.org
The «&" - Unsere Blogserie geht weiter …freu dich auf einen weiteren Beitrag zur Karriere auf den Kopf gestellt
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